Mittwoch, 29. April 2015

Je mehr Straße, desto weniger Straße...


Je mehr Straße, desto mehr parkende Autos.
Je mehr parkende Autos, desto weniger Straße.
Ergo: Je mehr Straße, desto weniger Straße....

Mein erster InnoZ-Kommentar, der aufzeigt, wie das Thema grundsätzlich zu behandeln ist:

Neugierig? Dann lest hier weiter:

"Kluger Mobilitätspolitik für mehr Lebensqualität in Städten" 

Viel Spaß!

Richard


Freitag, 3. April 2015

Halbmarathon in Freiburg oder über das Geschäft mit der laufenden Masse

Natürlich kann jeder, der mit dem Laufen anfangen möchte, einfach seine Schuhe schnüren und sofort loslaufen. Läuft man dann etwas regelmäßiger, wird einem weisgemacht, dass der einfache Sport eine unglaubliche Komplexität aufweist. Laufschuh ist nicht gleich Laufschuh, die Pulsuhr misst am besten nicht nur den Puls und Orangensaft trinken ist offenbar gesünder als Orangen essen. 
Ganz verwirrend wird es dann spätestens bei der Anmeldung zu einem größeren Laufevent:

Kann ich auch ohne Universalfunktionsshirt antreten?
Brauche ich eine Marathonrücktrittsversicherung?
Und was mache ich eigentlich, wenn ich bis dato nicht in der aktuellen Läuferkollektion trainiert habe?

Für mich mittlerweile kein Problem. Ich kenne den Zirkus um das Event bereits. Schließlich darf ich mich stolz zu den Finishern des 35. VATENFALL Berlin Halbmarathons zählen. Highlight dort war sicher das isotonische, vitaminhaltige und kalorienreduzierte Sportlergetränk nach Zieleinlauf in der ERDINGER Alkoholfrei PowerZone. Und natürlich die 3.500qm große Sportlermesse, die ich am Vortag besuchen durfte, um in der hintersten Ecke meine werbeverzierte Startnummer in Empfang zu nehmen.

Leider macht die Kommerzialisierung des Laufsports auch vor dem Freiburger Halbmarathon nicht halt. Und so stellt Eike zu recht fest, dass wir zum Glück bereits jung, dynamisch und gutaussehend sind, so dass wir uns diese Attribute mit der Teilnahme am Freiburger Halbmarathon nicht auch noch erwerben müssen, oder?

Nach dem Best-Zeiten Frühstück.
Meine Argumente, dass die Hauptsponsoren des Laufs ROTHAUS und BÄCKEREI HEITZMANN im Gegensatz zu anderen Läufen noch eher idylischen Charakter aufweisen, halten gerade einmal bis zur personalisierten Einladung zur BÜRGER-Maultschenläuferparty und beseitigen die Zweifel, zum Vorzugspreis - da Frühbucherrabatt - Teil eines Lifestyle-Produktes geworden zu sein, nicht vollständig.

Dass es sich bei Laufsportveranstaltungen der kontinuierlich auf Wachstumskurs befindlichen Eventagentur run abouts GmbH um ein sogenanntes 'Local Hero' Event handelt und damit keine Sieger-, geschweige denn Antritts-Prämien gezahlt werden, macht sich bei der Startgebühr kaum bemerkbar. Wie bei den meisten Laufveranstaltungen heißt es auch hier: Massenevent = Massengeschäft. Und die eigentlichen Unkosten  (Polizeieinsatz, Reinigung ...) liegen in der Regel nicht beim Veranstalter selbst. Und dann ist noch nicht einmal Hornhautcreme und Perwollwaschmittel im Starterbeutel...

Teilnehmer des Teams Sonne e.V.
Kommen wir zum Lauf selbst: 
Pünktlich um 11.10 Uhr fällt der Startschuss. Im Gegensatz zum Berliner Halbmarathon habe ich diesmal nicht 40.000 Leute vor mir, sondern 10.000 Leute hinter mir! Das Tempo ist hoch. Mein Blasendruck nach den ganzen isotonischen Getränken auch. Schon bei Kilometer 6 muss ich eine ungewollte Pinkelpause einlegen. Spätestens bei Kilometer 10 merke ich, dass ich schneller laufe, als ich eigentlich kann und reflektiere meine Vorbereitung: Missachtung jeglicher Trainingspläne, Vorbereitung ohne Pulsuhr und Nichtbeachtung der empfohlenen Ernährungstipss... Aber dazu ist es jetzt auch zu spät und so laufe ich einfach weiter...

Wind und Regen heben meine Laune genauso wenig, wie die falsch eingestellte Runnerapp, die alle 200 Meter meine Playlist unterbricht und mich wissen lässt, wie weit es noch ist. Also runter mit den Kopfhörern und schnell den Energy-Marshmallow rein, den ich vor dem Start bei einem Aussteller abgestaubt habe. Meinen Würgereiz besänftige ich nur bedingt, indem ich mir die nächsten Kilometer konstant einrede: "Der Weg ist das Ziel, der Weg ist das Ziel...".  Aber es läuft nicht gut. Ich finde mein Tempo nicht. Und die Musik und die Stimmung am Straßenrand kann ich auch nicht genießen.

Kurz vor Ende halte ich nochmal bei einer Versorgungsstation. Allerdings gibt es dort ausschließlich das isotonische, vitaminhaltige und kalorienreduzierte Sportlergetränk, das ich eigentlich erst nach Zieleinlauf erwartet hätte. Ich schleudere der nett lächelnden Frau mit der ausgestreckten Hand ein empörtes "Ihr habt sie wohl nicht mehr alle!" entgegen. Im Nachhinein tut mir das ein bisschen Leid. Sie kann ja nicht dafür, dass ich diesmal wenig Spaß habe. Ich fühle nur Kampf und Qual. Den Ärger darüber münze ich zu mindest in Restenergie um, die mich schließlich die letzten Meter antreibt.

Und dann kommt die Zielgerade. Die Bruttozeit über dem Einlauf ist in Sichtweite. Mir wird klar, dass ich deutlich unter der von mir erhofften Ankunftszeit liege! Ich setze zum Schlußsprint an, klatsche mit einem Mädel ab, das mich die letzten Kilometer mitgezogen hat. Medaille hier, Photo da und nochmal zwei Bananen und etwas Hefezopf. Obwohl schon jetzt alles weh tut und ich kaum den Laufchip vom Turnschuh gefrimmelt bekomme, steigt Zufriedenheit und Freude auf. So unpassend das im Läuferzirkus klingen mag: Bei mir zählt diesmal nicht das Erlebnis, sondern nur die eigene Leistung. Aber schon beim Zombiewalk zu den Duschkabinen denke ich mir:

Und das nächste Mal nochmal 5 Minuten schneller?
Oder suche ich dieses Jahr das Marathonerlebnis in Köln?
Dann mit Rücktrittsversicherung oder ohne? 
Oder mit richtigem Trainingsplan und Power-Carbo-Loading Party am Vorabend?

Nun, das werden wir sehen, wenn es wieder heißt: Auf die Plätze, fertig, konsumieren.

Läuft halt, 
Richard

Erfolgreiche "Finisher!"