Sonntag, 13. Mai 2012

Don't Mess with Texas!

and don't mess with other people's stuff!
Ersteres ist ursprünglich eine Werbekampagne gegen das achtlose Wegwerfen und Liegenlassen von Abfall; eine Kampagne, die mittlerweile Kultstatus erreicht hat. Letzteres ist die Grundhaltung der Cowboys im Badland. Beides spiegelt die Mentalität Texas wider und macht meinen letzten Roadtrip zu einem ganz Besonderen.

Nach meiner letzten Spanischklausur machen Christina und ich uns auf den Weg nach Texas. Unsere Reisen werden immer chaotischer und von Planung kann keine Rede sein. Immerhin haben wir ein paar Informationen im Internet zusammengesucht und während ich in einem Nationalpark wandern möchte, hat Christina sich vorgenommen eine Pistole zu kaufen und im Salon damit zu prahlen.

Der Taxifahrer, der uns eigentlich zum Autoverleih bringen sollte, überzeugt uns Cinco de Mayo in Austin zu verbringen und vergießt vor lauter Schwärmen den Taxometer anzuschalten. Und offenbar sind wir nicht die einzigen, die er überzeugen konnte und so zahlen wir einen Hilton-Preis für ein klassisches Motel 8. 

Austin ist cool. Und heiß. Und daher sieht man tausende Tattoos.
Dazu viele Radwege, ÖPNV-Angebote, breite Gehwege und ein neu entwickeltes Stadtzentrum, dass allen Aspekten moderner Stadtplanung gerecht wird. Ich bin begeistert. Das hätte ich nicht erwartet und als wir dann im Schatten der vielen Bäume am Colorado River ruhen, hat sich Austin an Städte der Kategorie New Orleans und San Francisco herangeschlichen. Am Abend wird die Stadt dann auch seinem Motto gerecht. Auf der 6th Street tummeln sich Straßenmusiker und Live Musik schallt aus unzähligen Bars und Restaurants. In einer Bar wird sogar Rodeo geritten. Wir treffen zwei Norweger, die im selben Motel hausen, in der Ölindustrie arbeiten, und fortan das Bezahlen der Getränke dominieren. Happy Cinco de Mayo! Und Keep Austin Weird! 

Am nächsten morgen heißt es: Hit the road! Nach 300 Meilen begrüßt uns ein Schild "Willkommen in Fredericksburg". Ja, da steht Willkommen und es folgen deutsche Biergärten, Restaurants "Zum Lindenbaum" und "Ausländer" und sogar das "Vereinsheim" ist ausgeschrieben. So schnell wollte ich die Staaten nicht verlassen. Aber man klärt mich auf und teilt mir mit, dass dieser Ort von deutschen Siedlern gegründet wurde, die die Strapazen des 30-Jährigen Krieg nicht mehr über sich ergehen lassen wollten. Gleichzeitig wollten sie sich nicht wirklich in Amerika integrieren und so spricht heute noch ein beachtlicher Teil der Bevölkerung Texas-German.

Wieder einmal erblicke ich die blickenden Lichter eines Polizeiautos im Rückspiegel. Zum Glück fahre ich gerade ein wenig langsamer um die schöne Landschaft zu bewundern. Und mittlerweile bin ich routiniert. Das Auto nicht verlassen (gelernt in Florida), Hände ans Steuer, Papiere bereit halten, freundlich lächeln und in voller Breite vom Studienaufenthalt in den USA erzählen (gelernt in Mississippi), die USA loben, in diesem Fall Texas loben, und schon zeigt sich der Sheriff gütig und stellt lediglich eine Verwarnung aus. Dann noch kurz der Hinweis, dass es auf Deutschen Autobahnen kein Tempolimit gibt und der Dank, dass man jetzt verstanden hätte, dass es sich dabei nicht nur um eine Geschwindigkeitsempfehlung handelt. Und so komme ich das dritte Mal ungestraft davon.

Auf unserem Weg in den Big Bend Nationalpark erblicken wir eine Ranch ohne Gatter. Wir halten und betreten das Gelände um ein paar Fotos zu schießen. Dabei wecken wir offenbar einen verkaterten Cowboy, der auf unsere Frage, ob man hier eine Cola bekäme ganz verdattert den Salon des Anwesens öffnet. Er bringt drei Wasser und bedient sich dankend an unseren Zigaretten. Wir kommen ins Gespräch. Dave wohnt seit 14 Jahren im "Badland" und hat hier einige Grundstücke erworben. Er macht Musik und ab und an Werbeaufnahmen für Mercedes.

Wir nehmen ihn mit und er bringt uns zu seinem Kumpel George, der mit Kind und Kegel in der Wüste wohnt. Für wenige tausend Dollar kann man hier riesige Landparzellen kaufen und darauf machen was man möchte. Er hat die Nase voll vom Stadtleben und bastelt gerne am Eigenheim.
Auch Dave hat einen ausrangierten Schulbus auf seinem Grundstück stehen. Die zwei Cowboys öffnen die ersten Dosenbier und George spielt uns auf seiner Gitarre vor. Das Lied findet sich auch bei Youtube:


Nachdem wir den Nachmittag mit Dave und George verbracht haben, ziehen wir weiter gen Nationalpark. Endlich komme ich zu meiner Wanderung. Allerdings werden wir kurz vor dem Ziel von einer großen Bullssnake ausgebremst und um den schönen Ausblick in das Tal gebracht. Und als wir beim Verlassen des Parks zwei Mountainlions erspähen, wird uns klar: Don't mess with wild animals, too.
 

Hinzu kommt der Supermond. Der Mond scheint außergewöhnlich groß und taucht den Nationalpark in ein einzigartiges Licht. Welch ein Spektakel. 

Am nächsten Tag geht es in Richtung San Antonio. Wir wählen eine Straße entlang der mexikanischen Grenze. Dies scheint wohl der trashige Part Texas' zu sein. Fastfoodrestaurants und Dollarshops reihen sich aneinander, dazwischen kann man Gold in bare Münze tauschen. Es wimmelt von Fahrzeugen der Border Control, die Ausschau nach illegalen Einwanderern halten.

Texas delivers. San Antonio rockt und wir spazieren am Riverwalk entlang, der sich durch ganz Downtown schlängelt. Anschließend geht es zurück nach Austin. Es wartet ein schwerer Abschied. Christina  ist eine richtig gute Freundin geworden. Und dass wir beide gleichzeitig abfliegen, macht das Good-bye sagen nicht einfacher. Während sie nach Schweden fliegt, geht es für mich zurück nach North Carolina. Anna, Hillary und Amanda holen mich am Flughafen ab und es geht direkt an den Strand. Und in den nächsten Wochen geht es gerade so weiter: New York -> Berlin -> Freiburg -> Konstanz -> Freiburg -> Südafrika -> Berlin.

Keeps it weird und das ist gut so,
Richard


Dienstag, 1. Mai 2012

Dear Michael Jordan...

Dear Michael Jordan,
dies ist mein letzter Versuch mit dir Kontakt aufzunehmen. Wir haben uns immer noch nicht getroffen. Du wunderst dich vielleicht, wer dich da mehrmals angeschrieben hat und dich gefragt hat, ob und wann du an deine alte Wirkungsstätte zurück kehrst. Ich wunder mich, dass du mir nicht geantwortet hast.
Zahlreiche Emails an dich blieben unbeantwortet. Nichteinmal die Brüder deiner Omega Psi Phi Fraternity haben geantwortet. Ich habe Roy Williams (den aktuellen Trainer des UNC-Teams) um deine Kontaktdaten gebeten. Keine Antwort. Wir fuhren nach Chicago und standen vor deinem Restaurant. Geschlossen.
Meine Kommilitonen halten mich für verrückt, meine Freunde lachen über meine Bemühungen. Dabei folge ich nur deinem Ratschlag: "Some people want it to happen, some wish it would happen, others make it happen" (Michael Jordan).
Ich habe es zumindest versucht.

Dear Michael Jordan,
eigentlich interessiere ich mich gar nicht für Basketball und kann vielleicht 10 Spieler nennen. Und deine schauspielerische Leistung in Space Jam hat maximal die "Goldene Himbeere" verdient. Wahrscheinlich würde ich dich nicht mal erkennen, wenn du am Flughafen an mir vorbei laufen würdest.
Dein Name aber war mir schon immer ein Begriff. Du warst in meiner Kindheit omnipräsent. Wer hatte damals kein Poster von dir im Zimmer hängen? Meines war aus der BravoSport: Michael Jordan Lebensgroß! Meine ersten Nike Air Jordan waren mir 20 Mark meines eigenen Taschengeldes wert, obgleich ich zu dem Zeitpunkt noch kein einziges Basketballspiel gesehen hatte. Und die Schildkappe mit dem Bulls-Emblem trug ich bis die Sonne das dunkle Rot zu einem seichten Orange ausgeblichen hat. Und zu dem Zeitpunkt wußte ich noch nicht einmal ob das Team nun aus Chicago oder aus Bulls kommt. Ich hätte dich gerne getroffen.

Weißt du eigentlich, dass du mir Chapel Hill von Anfang an sympatisch gemacht hast?
Als ich mir meine Wahlmöglichkeiten in North Carolina näher angeschaut habe, war es wie Liebe auf den ersten Blick. Meine Universität in Konstanz hätte mich gerne nach Greensboro oder Charlotte geschickt, doch ich antwortete dem International Office wie folgt:

"Sehr geehrte Frau ...,
Vielen Dank für Ihre Bemühungen. Könnten Sie meine Erstwahl durch Chapel Hill ersetzen? 
Es steht außer Frage, dass beides gute Universitäten sind. Allerdings ging Michael Jordan weder für Greensboro oder Charlotte auf Korbjagd. Darüber hinaus gibt es in Chapel Hill ein exzellentes Departement für Urban Planing..... "

Anfangs wollte ich dich wirklich treffen. Aber wenn du mir in den nächsten Tagen über den Weg laufen solltest, werde ich mich lediglich bei dir bedanken. Bedanken für was wirst du dich fragen. Aber die simple Antwort darauf ist schlicht und einfach.

Dear Michael Jordan,
du hast UNC-Chapel Hill ein Gesicht für mich gegeben; die Universität quasi personifiziert und mich in meiner Entscheidung bestärkt nach North Carolina zu kommen.
Und neun Monate später geht eine unglaubliche Zeit hier zu Ende. Eine Zeit gefüllt mit Studieren und Reisen. Eine Zeit mit vielen neuen Bekanntschaften und einigen tiefen Freundschaften. Eine Zeit, die mir gezeigt hat, was möglich ist, wenn man nur möchte, die meinen Horizont erweitert hat, die mich an meine Leistungsgrenzen gebracht hat. Eine Zeit in der ich auch vieles mich gelernt habe.
I became Tar Heel! Like you. Danke!

Dear Michael,
dein Name und Chapel Hill sind unweigerlich miteinander verbunden. Ich bin wegen dir gekommen und habe dich nicht getroffen. Und es macht mir nichts aus. Es ist mir mittlerweile egal. Ich habe so viele tolle Leute getroffen. Menschen, die für mich so wichtig geworden sind, wie du für den Basketballsport wichtig warst.
Ich muss mich nun von so vielen Freunden verabschieden, die mich inspiriert haben und mit denen ich eine großartige Zeit hatte. Wenn du möchtest, dann winke mir doch am 14. Mai, wenn ich Richtung New York aufbreche. Ich würde mich freuen.

Just let it happen,
Richard