Dear Michael Jordan,
dies ist mein letzter Versuch mit dir Kontakt aufzunehmen. Wir haben uns immer noch nicht getroffen. Du wunderst dich vielleicht, wer dich da mehrmals angeschrieben hat und dich gefragt hat, ob und wann du an deine alte Wirkungsstätte zurück kehrst. Ich wunder mich, dass du mir nicht geantwortet hast.
Zahlreiche Emails an dich blieben unbeantwortet. Nichteinmal die Brüder deiner Omega Psi Phi Fraternity haben geantwortet. Ich habe Roy Williams (den aktuellen Trainer des UNC-Teams) um deine Kontaktdaten gebeten. Keine Antwort. Wir fuhren nach Chicago und standen vor deinem Restaurant. Geschlossen.
Meine Kommilitonen halten mich für verrückt, meine Freunde lachen über meine Bemühungen. Dabei folge ich nur deinem Ratschlag: "Some people want it to happen, some wish it would happen, others make it happen" (Michael Jordan).
Ich habe es zumindest versucht.
Dear Michael Jordan,
eigentlich interessiere ich mich gar nicht für Basketball und kann vielleicht 10 Spieler nennen. Und deine schauspielerische Leistung in Space Jam hat maximal die "Goldene Himbeere" verdient. Wahrscheinlich würde ich dich nicht mal erkennen, wenn du am Flughafen an mir vorbei laufen würdest.
Dein Name aber war mir schon immer ein Begriff. Du warst in meiner Kindheit omnipräsent. Wer hatte damals kein Poster
von dir im Zimmer hängen? Meines war aus der BravoSport: Michael Jordan
Lebensgroß! Meine ersten Nike Air Jordan waren mir 20 Mark meines eigenen Taschengeldes wert, obgleich ich zu dem Zeitpunkt noch kein einziges Basketballspiel gesehen hatte. Und die Schildkappe mit dem Bulls-Emblem trug ich bis die Sonne das dunkle Rot zu einem seichten Orange ausgeblichen hat. Und zu dem Zeitpunkt wußte ich noch nicht einmal ob das Team nun aus Chicago oder aus Bulls kommt. Ich hätte dich gerne getroffen.
Weißt du eigentlich, dass du mir Chapel Hill von Anfang an sympatisch gemacht hast?
Als ich mir meine Wahlmöglichkeiten in North Carolina näher angeschaut habe, war es wie Liebe auf den ersten Blick. Meine Universität in Konstanz hätte mich gerne nach Greensboro oder Charlotte geschickt, doch ich antwortete dem International Office wie folgt:
"Sehr geehrte Frau ...,
Vielen Dank für Ihre Bemühungen. Könnten Sie meine Erstwahl durch Chapel Hill ersetzen?
Es steht außer Frage, dass beides gute Universitäten sind. Allerdings ging Michael Jordan weder für Greensboro oder Charlotte auf Korbjagd. Darüber hinaus gibt es in Chapel Hill ein exzellentes Departement für Urban Planing..... "
Anfangs wollte ich dich
wirklich treffen. Aber wenn du mir in den nächsten Tagen über den Weg
laufen solltest, werde ich mich lediglich bei dir bedanken. Bedanken für
was wirst du dich fragen. Aber die simple Antwort darauf ist schlicht
und einfach.
Dear Michael Jordan,
du hast UNC-Chapel Hill ein Gesicht für mich gegeben; die Universität quasi personifiziert und mich in meiner Entscheidung bestärkt nach North Carolina zu kommen.
Und neun Monate später geht eine unglaubliche Zeit hier zu Ende. Eine Zeit gefüllt mit Studieren und Reisen. Eine Zeit mit vielen neuen Bekanntschaften und einigen tiefen Freundschaften. Eine Zeit, die mir gezeigt hat, was möglich ist, wenn man nur möchte, die meinen Horizont erweitert hat, die mich an meine Leistungsgrenzen gebracht hat. Eine Zeit in der ich auch vieles mich gelernt habe.
I became Tar Heel! Like you. Danke!
Dear Michael,
dein Name und Chapel Hill sind unweigerlich miteinander verbunden. Ich bin wegen dir gekommen und habe dich nicht getroffen. Und es macht mir nichts aus. Es ist mir mittlerweile egal. Ich habe so viele tolle Leute getroffen. Menschen, die für mich so wichtig geworden sind, wie du für den Basketballsport wichtig warst.
Ich muss mich nun von so vielen Freunden verabschieden, die mich inspiriert haben und mit denen ich eine großartige Zeit hatte. Wenn du möchtest, dann winke mir doch am 14. Mai, wenn ich Richtung New York aufbreche. Ich würde mich freuen.
Just let it happen,
Richard
