Das erste Bild ergibt sich, als ich die Grenze nach Laos übertrete. Eine Frau mit Mundschutz stürmt mit einem pistolenähnlichen Gerät auf mich zu. Sie packt mich an der Hand und drückt mir das Gerät in die Handinnenfläche. Als ich erschrocken zwei Schritte ausweiche, deutet sie auf ein Schild an der Wand: Ebola! Ebola! Es stellt sich heraus, dass Sie nur meine Körpertemperatur messen möchte.
Zwei Tuk-Tuks später befinde ich mich auf dem Slowboat, dass mich auf dem Mekong in Richtung Süden bringen wird. Holzbänke mit Polstern und Tischen; das Gepäck wird unter den Planken verstaut. Die Fahrt ist entspannt. Der Mekong fließt gemächlich dahin. Irgendwann werden die ersten Beerlaos auf den Tisch gestellt. Alles im Fluss. Mit Sonnenuntergang erreichen wir Pakbang. Die Silhouette eines Laoten, der sein Motorrad im Mekong wäscht, fügt sich ein in die Karstberge um die Anlegestelle.
Ein Tag auf dem Slowboat reicht mir aus. Ich tausche mein Ticket um und toure mit einem lokalen Bus quer durch den Norden von Laos. Ein Photo zeigt, wie man mit kleinen Plastikstühlen die Kapazität der Sitzplätze verdoppeln kann. Es könnte eine Sicherheitsmaßnahme sein: Je mehr Leute im Bus sitzen, desto weniger wird man von den Schlaglöchern in der "Straße" umher geworfen. In einem zweiten Bus geht es nachmittags von Oudomxai nach Muang Khoa. Der Dschungel und die Bergdörfer sind so idyllisch, dass ich meine Speicherkarte ausreize und es zu dem besagten Malheur kommt. In Erinnerung bleiben viele Kinder, die in einfachsten Verhältnissen spielen, während die Erwachsenen vor ihren Bambushütten dösen, sowie dunkelgrüne Bergketten und saftige Reisfelder, die das Landschaftsbild prägen.
Die Erleichterung ist sehr groß, als ich erst das leise Summen des Ventilators höre und kurz drauf die Lichter wieder angehen. Ab sofort habe ich immer eine Taschenlampe mit. Stromausfälle gehören in Laos einfach dazu.
Lao-Style. Das Schild "The rule Leaving The boat for everyday. 10:00" erweist sich am Ende doch als wahr. Ich finde tatsächlich ein Boot gen Süden. Es lässt sich schwer beschreiben, aber man bekommt hier nur etwas, wenn man sehr viel Gelassenheit, Humor und Verhandlungsgeschick an den Tag legt. Es ist ein wenig laotisch chaotisch. Aber am Ende sind alle Seiten glücklich.
Es folgen fünf Tage im beschaulichen Nong Kiao. Es ist Nebensaison, was man nicht nur am Wetter merkt (es ist unfassbar heiß und schwül), sondern auch daran, dass man sich ohne Weiteres in die Dorfgemeinschaft integrieren kann. Die Fallangs (das ist hier der Begriff für Foreigner) sind an einer Hand abzählbar.
Mit den Guides, mit denen ich Klettern war, gehe ich auch Essen, Kicken, Boule spielen und zum asiatischen Karaoke singen in einen Pub. Üblicherweise bestellt man hier Bier mit Eiswürfeln und kauft einzelne Songs, die man dann in dem furchtbar stinkenden Raum ohne Fenster singt. Als Fallang bleibt mir auf Grund der sprachlichen Barrieren nichts anderes übrig als ein Lied von den Beatles zu singen. Hätte ich es besser sein lassen?
Reisender oder Tourist? Ich bin sicher nicht der Einzige, der sich die Frage stellt, wie man eine Kamera bei einer Reise benutzen sollte. Der Verlust von Photos lässt mich aber erkennen, dass eine Kamera nur einen kurzen Moment dokumentieren kann; das eigentliche Erlebnis und die Erfahrung, die man beim Reisen macht, lassen sich dadurch nicht wiedergeben. Sehr gut gefällt mir ein Artikel aus dem aktuellen SZ-Magazin: Warum es so schwer ist, vom Urlaub zu erzählen. Eine Verweigerung. Vielleicht sollte man gerade deshalb häufiger die Kamera vergessen und den eigentlichen Moment etwas intensiver erleben... Das wichtigsten Bilder und Eindrücke befinden sich sowieso auf der Festplatte des Nutzers. Und dort liegen sie sicher!
Heute wird die Regenzeit ihrem Namen zum ersten Mal wirklich gerecht. Es schüttet ohne Ende. Drückt mir die Daumen, dass ich meine Reise morgen fortsetzen kann...
Liebe Grüße,
Richard