Zu Beginn dieses Wochenendes stand ich vor folgenden Optionen der Programmgestaltung:
Option 1: Occupy-Movement in NewYork
Fahrt nach New York und Zeuge eines historischen Moments werden? Den Time Square besetzen und demonstrieren für ???, ähmm ja, oder gegen ???. An einer Bewegung mitwirken, die sich selber keine Ziele gibt, keine Lösungen präsentiert und trotzdem faszinierend ist, da sie zumindest ein Teil der amerikanischen Bevölkerung zum Nachdenken anregt. Und zum ersten Mal dem Unmut über das kapitalistische System, über Finanzspekulationen und die wachsende soziale Ungerechtigkeit eine Plattform gibt.
Aber leider demonstrieren nicht die Systemopfer: Es demonstrieren nicht diejenigen, die in der Finanzkrise Haus und Job verloren haben, oder diejenigen, die sich mit durch 16 Stunden Burgerbraten für einen Minilohn über Wasser halten. Es demonstrieren nicht diejenigen, die sich medizinische Behandlungen und Bildung schlichtweg nicht leisten können.
Traurig aber wahr: Diejenigen, die nicht demonstrieren, würden nämlich eine Steuererhebung von der sie überdurchschnittlich profitieren würden zu 70% ablehnen! Die Zahl habe ich aufgeschnappt und kann sie nicht belegen, aber würde sie sogar noch höher schätzen. So ist in den Staaten Reichtum ein starker Indikator für Erfolg und der Traum, dass man durch harte Arbeit und durch einen eisernen Willen ALLES erreichen kann zu fest verankert. Die Frage die sich mir stellt, ist daher folgende: Ist der amerikanische Traum ein stets kommuniziertes Konstrukt, dass das "1% der Reichen" manipulativ einsetzt, um ihren Reichtum und Einfluß zu vergrößern? Oder ist der amerikanische Traum ein kulturelles Gedankengut, auf dem diese Gesellschaft aufgebaut ist und für deren politisches System sie alle vier Jahre einsteht (schließlich sprechen wir nicht von repressiven Machthabern wie in der arabischen Welt).
Da ich nicht weiß, ob ich dafür bin, dass ich dagegen sein soll bzw. dagegen bin, dass ich dafür bin, entscheide ich mich für Wochenendsoption 2!
Option 2: Brot und Spiele
Freitag Nacht: I did not the miss the first chance to see our(!) men's basketball team!
Zum ersten Training kommen 21.000 Zuschauer. Volle Hütte. Blaue Leuchtstäbe mit dem Namen des Trainers werden in die Luft gehalten, laute Bässe wummern und die Cheerleader heizen der Menge ein. Die 18-22 jährigen Basketballer werden frenetisch gefeiert und jeder erwartete, dass sie dieses Jahr erneut den Titel für die Tar Heels gewinnen. Vince Carter übergibt einen Scheck über 7 Millionen Dollar, Stuart Scott erhält einen Ehrenplatz im UNC-Basketball Museum und die Spieler geben in kurzen Videoclips Einblicke hinter die Kulissen (oder präsentieren schelmisch wofür ihre Mitstudenten Unsummen an Studierengebühren zahlen).
Together, we are Carolina! In Vorfreude auf die ersten Spiele Mitte November.
Samstag Nacht: And I also did not miss the chance to go to the North Carolina State Fair!
Tausende von Autos. 45 Minuten Schlange stehen um für 8 Dollar einen Ort der Reizüberflutung zu betreten.
Fahrgeschäfte, Candy Shops, Essensstände, Wahrsager, Freak Shows (Für einen Dollar sehen Sie das größte Pferd. Alive!; Für einen Dollar sehen Sie das kleinste Pferd), finales Feuerwerk!
North Carolina ist bekannt für seine Deep-fried Spezialitäten. Das fatale daran ist, dass man so ziemlich alles fritieren kann: Deep-fried Cheesecake (ausgesprochen lecker), Deep-fried Snickers (etwas zu süß), Deep-fried Oreons (mhhhh), Deep-fried cheese (lange Schlange), Deep-fried butter on a stick (zum Glück satt!).
Das absurdeste Essen (und das kommt direkt nach den kasachischen Hahnenkämmen) ist folgende Delikatesse:
Erkannt? Richtig: Deep-fried Krispy Kreme Bacon Burger! Zwei mit Zuckerguss glasierte Donuts und dazwischen ein Hamburger mit Käse, Peanut Butter und Erdbeermarmelade. The world's unhealthiest burger und im Gegensatz zu Nick, hab ich sogar noch auf den Salat verzichtet. Soll aber nicht viel heißen, da Nick sich eine Pepsi LIGHT dazu bestellt hat: der Kalorien wegen. :-)
Mein Lieblingsstand auf der State Fair ist allerdings ein Pizzaladen gewesen:
John, der Grieche verkauft Pizza? Und was sind das für Flaggen auf dem Dach? Iranische? Ungarische? Nord-Rhein Westfälische? "That doesn't make any sense to me!". Antwort der Verkäuferin: "Does it need to make sense?". Und je länger ich darüber nachdenke: "NEIN! Eigentlich NICHT! ... Ich hätte dann gerne eine Pizza mit Schinken. Kann ich mit Kreditkarte zahlen?"
Gestern Nacht erreichte mich dann folgende SMS aus Ney York: "Hi Dude. It is insane. Thousands and thousands in times square, all roads blocked. All kind of dancing, music, chnating. Love it! So rad. ..."
Daher kann ich getrost sagen, dass beide Optionen, die idealistisch gesehen, unterschiedlicher nicht hätten sein können, sehr viel Spaß beinhalteten.
Ab sofort mit Spaß am Lernen schließlich warten bereits die Midterms.
Mit selbst auferlegtem Zuckerbrot und Peitsche,
Richard